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Kreative Software: Mit weniger Kontrolle zu mehr Kreativität

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Schlagworte: dokumentarische FotografieFotografiegeschichteHenri Cartier-Bressonkreative SoftwareKreativitätPoladroidPolaroidSoftware

Wie muss Software geschaffen sein, um unsere Kreativität zu befördern? Kann es dabei helfen, ein Element des Zufalls einzubauen?

Codezeilen
Kann Software uns helfen, kreativer zu sein und auf neue Ideen zu kommen?

Auf die Idee einer kreativen Software bin ich vor einiger Zeit gekommen, als ich mir die Polaroid-Simulationssoftware Poladroid angeschaut habe (eine Auswahl von damit entstandenen Bildern gibt es im Flickr-Poladroid-Pool). Zuerst hielt ich sie für grausam. Der Grund: sie simulierte in meinen Augen zu gut. Mühsam mussten Bilder in ein digitales Polaroid-Konterfei gezogen werden, damit man ein braunes Teil erhielt, aus dem sich langsam ein Bild herausschälte. Hat man es mit der Maus vorzeitig angefasst, konnte es passieren, dass man Fingerabdrücke auf dem Bild hat. Und natürlich konnte man die Entwicklung vorzeitig stoppen, aber nicht etwa, indem man in einem Menü einen Schieberegler an die gewünschte Stelle geschoben hat. Nein, es musste ein Klick sein, zu der Zeit, an der man die Entwicklung stoppen wollte. Zu ungenau für mein Photoshop-verwöhntes Fotografenherz, so etwas konnte einem doch nicht gefallen.

Wie auch immer: I was wrong. Denn Poladroid möchte gar kein Tool sein, das mit Schiebereglern exakte Einstellungen erlaubt. Poladroid möchte ein Tool sein, dass die Kreativität anregt. Und hat Kreativität nicht immer ein Element des Zufalls?

Zufall und Kontrolle, Hand in Hand für ein gelungenes Ergebnis: das Beispiel Cartier-Bresson

Sicher: Kunst kommt von Können. Nur ein Beherrschen seines Fachs kann sicherstellen, dass man mehr ist als ein Glückspils, der vielleicht zufällig ein schönes Ergebnis erzielt. Aber dennoch: Wenn ich mir die Arbeiten der Künstler anschaue, die ich bewundere, so erkenne ich immer auch ein Moment des Zufalls. Was ist der decissive moment von Henri Cartier-Bresson denn anderes, als ein feines Gespür dafür, den Moment zu erkennen, an dem Zufall und genaue Planung durch den Fotografen eine künstlerische Symbiose eingehen? Der Moment, als der Radfahrer in seiner weltberühmten Aufnahme an genau der richtigen Stelle war, um seiner perfekten Bildkomposition Leben einzuhauchen. Doch lag es wirklich in der Macht des großen Cartier-Bresson, die Geschwindigkeit und exakte Position des Radfahrers zu bestimmen?

Software außerhalb unserer Kontrolle: Einladung zum Experimentieren und Ausprobieren

Es ist das Jahr der Kreativität. Und die Frage, die mir durch den Kopf schwirrt: Wenn Photoshop uns unendlich feine Kontrolle über unsere Ergebnisse bietet, was tut es dann mit unserer Kreativität? Und: wie können wir unsere Kreativität erhalten, ohne die präzise Technik zu verlieren? Sicherlich: In vielen Fällen brauchen wir präzise Kontrolle darüber, was die Software uns am Ende ausspuckt. Aber brauchen wir hin und wieder nicht auch eine irgendwie unkontrollierbare Software wie Poladroid, um zu kreativen, nicht vorhergesehenen Ergebnissen zu kommen? Don't think! lautet eine der Goldenen Regeln der Lomographie. Vielleicht kann uns kreative Software dabei helfen, das Denken für einen Moment aufzugeben – und neue Pfade zu betreten, an die wir eben niemals gedacht hätten, wenn wir uns auf die präzisen Regler unserer Lieblingssoftware verlassen hätten. Was meint ihr dazu?