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Interview mit Kim Wittfeld (uglyful): „T-Shirts sind ein Medium“

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Schlagworte: InspirationInterviewKim WittfeldT-Shirt-DesignT-Shirtsuglyful

Kim Wittfeld ist 25, studiert Mediendesign in Köln und entwirft T-Shirts für sein Label uglyful, das „seit Oktober '09 existiert und ohne Beschreibung auskommt“ (Selbstbeschreibung auf der Homepage). Mit dabei sind neben seinen Motiven die Entwürfe von Freunden, die die Infrastruktur von uglyful nutzen. Vor ein paar Tagen hat er mich per Mail angesprochen, ob ich nicht etwas über sein Label und seine T-Shirts schreiben möchte. Ich finde es immer sehr interessant, mich mit kreativen Menschen auszutauschen und über ihre Erfahrungen zu sprechen und habe Kim ein Interview über Shirts, seine Arbeit und seine Inspirationsquellen vorgeschlagen. Ich hoffe, dass es euch inspirieren und weiterbringen kann.

Portrait von Kim Wittfeld
Der 25jährige T-Shirt-Designer Kim Wittfeld spricht über seine Arbeit und seine Inspirationen

Uglyful ist ein interessanter Name… Was bedeutet er?

Ich wollte in meinem Label etwas ausdrücken, das hässlich und schön zugleich ist. Eine Ambivalenz, die eine Marke stark macht, die nicht nur positive Seiten hat, sondern auch fehlbare und unperfekte. Unter „uglyful“ kann man sich etwas vorstellen: „ugly“ kennt jeder, und auf „beautiful“ kommt man vielleicht nicht sofort, das ist eher ein versteckter Kniff. Außerdem sieht es typografisch sehr schön aus, ich finde interessant, wie die Schrift hoch- und runtergeht.

Wie kamst du dazu, Shirts zu gestalten?

Ich hab schon immer total auf abgefahrene, interessante Shirts gestanden. Da gibt's immer noch nicht genügend gute. Als ich mir dann beim Volleyball das Knie verletzt habe und viel Zeit hatte, bin ich die Sache dann selbst angegangen. Das Wichtigste dazu ist natürlich: Als Student hat man keine Kohle. Wie kann ich Shirts produzieren ohne überhaupt irgendwas auszugeben? Das fing dann mit Experimenten an: Schablonen und Sprühdosen, das sieht super aus – aber das Problem ist: Es hält nicht richtig, es verwäscht sich. Dann habe ich mich mit Flex und Flock beschäftigt. Da geht schon ziemlich viel, die Qualität ist super, und man kann alles in einer geringen Auflage herstellen. Langfristig will ich aber viel mehr mit Siebdruck machen, auch wenn ich dazu eine Mindestauflage von 50 Stück brauche – und das Kapital dazu. Wenn ich das habe, möchte ich immer wieder investieren, um neue Möglichkeiten zu haben: zu spüren, welches Motiv gut ankommt, und das dann für den Siebdruck zu optimieren.

Kim mit Surfbrett
Wie das Leben so spielt – Kim begann Shirts zu designen, als er seinem Surf-Hobby zeitweise nicht nachgehen konnte

Natürlich hat jedes Verfahren seine Vor- und Nachteile. Beim Flex-Druck kann jedes Shirt individuell von der Farbe her kombiniert werden. Bei manchen Shirts kommen mit den verschiedenen Materialien und Textilien über 1000 Kombinationsmöglichkeiten zusammen. Das geht bei Siebdruck natürlich nicht, die sind auf Lager, die sind fertig. Das ist eine grundlegende Entscheidung: Wohin will man gehen als Designer? Will man Designs vorgeben oder den Kunden individuell kombinieren und sich selbst ausleben lassen?

Wie hast du an deinen Entwürfen gearbeitet?

Ich habe die Designs mit Illustrator produziert und verfeinert. Wenn man einen Entwurf erst einmal am Computer sieht und später auf einem Shirt, das ist was ganz Anderes, da muss man Stück für Stück ein Gespür für das Medium T-Shirt bekommen. Ein T-Shirt ist ein Medium, man kann es nicht vergleichen mit Papier oder dem Internet – jedes Medium hat seine eigenen Bedürfnisse.

Etwas hat mich ziemlich beeindruckt: Deine Motive speisen sich immer aus einer Vielzahl von Quellen. Du greifst Kunstrichtungen auf und Motive, die man schon mal gesehen hat, die du abwandelst. Was inspiriert dich daran, wie findest du neue Ideen?

Schriftzug Fuck You Now aus drehenden Bändern
Drehende Bänder und Buddhismus inspirierten Kim zu Fuck You Now
T-Shirt mit Geometrix-Motiv
OpArt revisited – Kims Entwurf Geometrix speist sich aus der Kunst der 60er

Oft denke ich rein grafisch und minimalistisch, immer mit einem Kerngedanken. „Fuck you now“ zum Beispiel, ein rein typografisches Motiv. Ich sehe das als eine Art buddhistische Toleranz, „mach was du willst“. Ich hatte dabei die Idee, diese sich drehenden und windenden Bänder zu verwenden und daraus einen Schriftzug zu machen. Oder „Geomatrix“, das Motiv mit den ineinander verdrehten Kreisen, spricht OpArt an, eine Kunstrichtung aus den 60ern. Ich bin ein Fan von reduzierten Motiven und wollte etwas mit einem Kreis machen, das ist durch Probieren entstanden.

Motiv 1952 auf braunem Grund
1952 – Fortschrittsglaube in grafischer Form, garniert mit Retro-Elementen

Kreativität ist oft ein Zufallsprozess, ich ziehe viel aus meiner Vielseitigkeit. Ich habe früher Biologie studiert, bin immer noch sehr naturwissenschaftlich interessiert und stehe auf Retro, aber nicht in dem Sinne von Orange, Braun, VW-Bus, sondern eher ein Retro-Gefühl der 60er und 70er Jahre, dass alles möglich war, dass die Forschung alles ermöglicht. Das schwingt auch in „1952“ mit. Das ist ein Gefühl, das ich manchmal habe und das ich versuche auszudrücken. Dabei war die Bildsuche ganz wichtig, eine Collage aus Bilden aus der Zeit. Ich versuche, zeitlose Dinge aufzugreifen und keine kurzweiligen Trends.

Was würdest du jungen Designern raten? Wie sollten sie deiner Meinung nach vorgehen?

Ich stehe da selber noch am Anfang. Auf jeden Fall seinen eigenen Stil finden bzw. entwickeln, viel experimentieren. Und darüber nachdenken, was man gut kann, zum Beispiel nähen oder illustrieren. Wenn man sowas kann, sollte man das anwenden. Von der technischen Seite her ist das easy, jeder kennt Spreadshirt, und jede Stadt hat kleine Copyshops mit Plottern, mit denen man reden kann. Es ist aber schon viel Arbeit, sich eine ganze Produktionskette aufzubauen. Da muss man sich überlegen: Was ist meine Aufgabe, was kann ich machen, was bin ich bereit zu machen? Das würde ich jedem raten sich zu überlegen – und vorsichtig sein mit großen Investitionen, weil der Markt ist schon sehr eng und ausgelastet.

Was bedeutet Mode oder Shirts im Speziellen für dich?

Mode und Shirts sind ein Mittel, sein Inneres, seine Einstellungen nach außen zu transportieren.

Hinweis zu den Lizenzen: Die Bilder sind (c) uglyful (vielen Dank, dass ich sie verwenden darf, Kim!), der Text wie gewohnt (CC BY SA).