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Studie von Google-Ergebnissen SEO durch die Augen der Nutzer

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Schlagworte: BlickaufzeichnungGoogleSEOSuchmaschinenoptimierung

Suchmaschinenoptimierung, tägliches Brot und mit Vorurteilen gespicktes Hassobjekt, spielt täglich in unserem Netzleben eine große Rolle. Hendrik Terbeck hat nun unter dem Titel „Der Einfluss sozialer Empfehlungen auf das Selektionsverhalten in Suchmaschinen“ eine Bachelorarbeit vorgelegt, die mittels Blickaufzeichnung und problemzentrierter Nutzerbefragung Antworten auf brennende SEO-Fragen geben möchte.

Suche: keine Muster mehr, sondern heterogene Strategien

Zunächst einmal widmet er sich bekannten und oft gestellten Fragen: Wonach selektieren Nutzerinnen Inhalte bei der Suche? Welche Elemente animieren sie zum Klick? Gibt es Muster in der Ergebnisselektion?

Wenig Bedeutung kommt der Studie zufolge älteren Modellen wie dem F-Muster oder dem goldenen Dreieck zu, da Suchende angesichts der immer vielfältiger werdenden Ergebnisdarstellungen heterogene Strategien wählen – wenn Suchmaschinen von reinen Textlinks zur Darstellung von Bildern, Anzeigen, lokalen Ergebnisse, sozialen Empfehlungen und vielem mehr übergehen, haben alte Selektionsmuster wenig Bestand. Wichtig sind vielmehr neben der Position der Ergebnisse (Hypothese 5, wenngleich nicht uneingeschränkt, wie in den Hypothesen 12 bis 14 gezeigt wird) die Bekanntheit der Marke (Hypothese 6) und besonders Titel (Hypothese 4) und URL (Hypothese 7) – ein Grund mehr für ein flexibles Content-Management-System wie etwa Wordpress, das die freie Anpassung dieser Elemente erlaubt.

Bis zu diesem Punkt ist die Studie ein interessante Beleg für bereits bekannte oder stark vermutete Erkenntnisse. Richtig spannend werden jedoch die folgenden Fragen zu den sozialen Empfehlungen.

Soziale Empfehlungen: noch wenig bekannt, aber effektiv

Die Rolle sozialer Empfehlungen bei der Suche ist noch immer ein brandaktuelles Thema – Google hat das Feature noch immer nicht offiziell auf Deutschland ausgerollt (wenngleich man es trotzdem aktivieren kann).

Blickaufzeichnungskamera
Im Rezeptionslabor – hier eine Aufnahme aus dem Labor der Uni Trier – können die Blickdaten von Nutzern erfasst werden

Zunächst einmal bestätigen die Daten, dass Links mit sozialen Empfehlungen mehr Aufmerksamkeit bekommen als andere Links – wenig überraschend finde ich, erhalten sie doch ein zusätzliches visuelles Element, das aus der Textfülle heraussticht. Ein wenig erhöht sich zudem die Klickrate – allerdings nicht signifikant, wobei der Hendrik Terbeck hier anmerkt, dass die Nutzerinnen keine realen Freunde gesehen haben, so dass die Klickrate im „echten Leben“ höher sein dürfte (63).

Sehr spannend ist die Frage, ob Facebooks Gefällt-Mir-Button dank seines Daumen-Piktogramms einen Vorteil gegenüber der typografischen Darstellung von Google hat. Tatsächlich scheint der Daumen hier einen Vorteil zu haben – jedoch sind die Ergebnisse vorsichtig zu werten, da Google+ zum Zeitpunkt der Studie noch in der geschlossenen Beta-Phase und wesentlich weniger bekannt war.

Soziale Elemente in der Suche sind dabei keineswegs unumstritten. Die Nutzer werten soziale Empfehlungen als eher mittelmäßig hilfreich für die Entscheidungsfindung und machen dies insbesondere von der konkreten Frage abhängig – bei einem Roman vertrauen sie Empfehlungen eher als bei Entscheidungen mit größerer Tragweite. Große Unterschiede gibt es in der Bewertung der Datenschutzbedenken – hier zeigen sich einmal mehr die unterschiedlichen Meinungen, die ich damals bei meinem kurzen Bericht zur Social-Media-Diskussion bei Medianetz erwähnt hatte.

Werbung: Transaktionen retten Werbebudgets

Wenig Grund zur Freude machen die Erkenntnisse zur Werbung: Die Anzeigen rechts werden selten fixiert und kaum geklickt – wobei dies „weniger der Banner Blindness als grundsätzlich der Positionierung abseits der organischen und gesponserten Top-Treffer geschuldet“ (77) sei. Gerettet werden die Werbebudgets durch die Erkenntnis, dass transaktionsorientierte Suchen wesentlich höhere Werbeklickraten aufweisen (Hypothese 17).

42 % der Teilnehmer wussten übrigens gar nicht, dass Google Werbung nur an bestimmten Stellen anzeigt – hier zeigt sich ein sehr lückenhaftes Wissen über die Suchmaschine, wie es mir schon in der Diskussion um das Leistungsschutzrecht aufgefallen ist.

Nicht ganz klar geworden ist mir, ob die Studie geeignet ist herauszufinden, ob die Teilnehmer überhaupt Werbung erkennen. Denn obwohl Hendrik Terbeck schreibt, dass nur „etwas mehr als die Hälfte der Testpersonen weiß, dass Werbeanzeigen auf der Suchergebnisseite angezeigt werden“ (79), fragt er im Interview, ob sie auf Werbung geklickt haben und wo Google Werbung anzeige (Anhang C). Dabei fehlt mir eine Frage wie „Haben Sie Werbung auf den Ergebnisseiten gesehen?“, die erst einmal ganz offen evaluiert, ob die Probanden überhaupt Werbung wahrgenommen haben.

Methodik: sauber, aktuell – und schade

Spannend ist auch der kurze Abriss zum Stand der Forschung, und das methodische Vorgehen ist sauber. Eine Entscheidung finde ich schade: der Autor hat sich entschlossen, „keine geschlechterspezifische Auswertung“ (35) vorzunehmen. Damit entgeht ihm meiner Ansicht nach eine große Chance, zumal er ja selbst erwähnt, dass „sich zwischen Männern und Frauen ein abweichendes Evaluations- und Entscheidungsverhalten im Suchprozess festmachen lässt (vgl. MAGHFERAT & STOCK 2010)“ (35). Wie spannend wäre es gewesen herauszufinden, ob Frauen sozialen Empfehlungen mehr oder weniger Beachtung schenken als Männer… Ich kann verstehen, dass geschlechterspezifische Unterschiede nicht die Fragestellung sind und sich die Gruppen nur in einem Faktor unterscheiden sollen. Wenn die Daten jedoch sowieso erfasst werden, hätte eine kurze Auswertung einen spannenden Ausblick geben können.

Wenn ihr euch für wissenschaftliche Studien von Suchmaschinen begeistern könnt, solltet ihr euch die Arbeit unbedingt anschauen – wichtige Daten für das nächste Kundengespräch sind garantiert. Was haltet ihr von der Studie? Helfen euch solche Studien bei eurer täglichen Arbeit?